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Brutto-Stundenverdienste in typischen Frauenberufen niedriger als in typischen Männerberufen

Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, sind im Jahr 2014 um rund acht Euro brutto in der Stunde geringer entlohnt worden als männlich dominierte Berufe. In typischen Frauenberufen wurden durchschnittlich zwölf Euro pro Stunde verdient, in typischen Männerberufen 20 Euro. Die Differenz beträgt damit fast 40 Prozent.

Dies zeigt eine Sonderauswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) anlässlich des Equal Pay Day am 19. März 2016. Die Analyse berücksichtigt Erwerbstätige in der Privatwirtschaft in typischen Frauen- und Männerberufen. Hierbei handelt es sich um Berufe, in denen die Anteile von Frauen beziehungsweise Männern jeweils bei 70 Prozent und mehr liegen. Der Unterschied zwischen den Brutto-Stundenlöhnen in typischen Frauen- und Männerberufen bewegt sich seit 2001 auf hohem Niveau und hat sich im Untersuchungszeitraum nur leicht verringert.

Akademisierungsgrad beinflusst die Verdienstlücke – aber nicht nur

Eine ökonomische Erklärung für die bessere Bezahlung in Männerberufen ist der höhere Anteil akademischer Abschlüsse in dieser Gruppe. Ein Vergleich der zehn am häufigsten ausgeübten Frauen- und Männerberufe auf Basis des SOEP zeigt, dass drei der häufigsten Männerberufe – nämlich SoftwareentwicklerIn, UnternehmerIn und IngenieurIn – eine langjährige Qualifikation erfordern, während dies bei den häufigsten Frauenberufen nur für die SozialpädagogInnen zutrifft. „Eine weitere Akademisierung der Frauenberufe vor allem im Bereich Gesundheit und Pflege wäre daher ein Schritt in die richtige Richtung zu mehr Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern“, argumentiert die DIW-Forschungsdirektorin für Gender Studies Elke Holst.

Dies dürfte jedoch als Erklärung für die Verdienstlücke noch nicht ausreichen. Ein weiterer Faktor bei der Entgeltungleichheit ist neben dem niedrigen Akademisierungsgrad die Tatsache, dass selbst akademisierte Frauenberufe deutlich schlechter bezahlt werden als Männerberufe. Beispielsweise erhielten SozialarbeiterInnen 2014 für eine Stunde Erwerbsarbeit im Schnitt 16 Euro brutto, wohingegen der männlich dominierte Beruf der IngenieurInnen mit durchschnittlich 29 Euro vergütet wurde. Da die Bildungsdauer in beiden Berufen mit 15 Jahren gleich lang ist, kann man daraus schließen, dass Erwerbstätige in diesen Männerberufen finanziell stärker von ihrer Investition in Bildung profitieren.


Männlich konnotierte Tätigkeiten erfahren höhere Wertschätzung


Eine häufig in der Sozialwissenschaft angeführte Erklärung ist, dass männlich konnotierte Tätigkeiten gesellschaftlich eine höhere Wertschätzung erfahren als weiblich konnotierte. Holst verweist auf Studien, die dies belegen: „Da typische Frauenberufe meist im Bereich Pflege, Erziehung und Soziales angesiedelt sind, wird auch von der gesellschaftlichen Abwertung der Care-Arbeit gesprochen.“ In der Tat verdienten AltenpflegerInnen im Jahr 2014 durchschnittlich zwölf Euro brutto pro Stunde. Demgegenüber wurde der von Männern dominierte Beruf der TechnikerInnen mit 18 Euro pro Stunde vergütet, obwohl Erwerbstätige in beiden Berufen im Durchschnitt gleichermaßen zwölf Jahre in ihre Bildung investiert hatten. „Dieses Muster dürfte auf die Vorstellung zurückgehen, dass Care-Arbeit keine spezifische Qualifikation erfordert, da sie in der Vergangenheit vor allem in den Bereichen Kinderbetreuung und Altenpflege unbezahlt von Frauen in Familien geleistet wurde“, so Gender-Expertin Holst. Durch die stark gestiegene Erwerbsbeteiligung der Frauen wächst jedoch die Nachfrage nach institutionellen Angeboten für Kinderbetreuung und Altenpflege. Dadurch wird Care-Arbeit zunehmend marktmäßig organisiert – jedoch vergleichsweise gering entlohnt.

Die geringere monetäre Bewertung von typischen Frauenberufen trägt maßgeblich zur Verdienstlücke zwischen Frauen und Männer (Gender Pay Gap) bei. „Um diese zu schließen, bedarf es auch einer Aufwertung der Care-Arbeit durch höheren Löhne in typischen Frauenberufen“, so Holst.

Abbildungen zur Pressemitteilung | PDF, 181.35 KB

Tabelle zur Pressemitteilung | PDF, 110 KB

Quelle: DIW Berlin, 11. März 2016