G.I.B NRW

Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge

Navigation

Studie: Gute Ansätze der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen weiterentwickeln

Deutschland steht vor der Herausforderung, Hunderttausende Flüchtlinge ins Erwerbsleben zu integrieren. Eine neue Studie zeigt: Dafür benötigte bereits bestehende Maßnahmen müssen im Sinne eines Gesamtprozesses weiterentwickelt werden. Die entsprechenden Investitionen werden sich im Interesse aller Deutschen auszahlen.

Das Jahr 2015 war geprägt durch eine historisch hohe Flüchtlingszuwanderung nach Europa. In Deutschland wurden 1,1 Millionen schutzsuchende Menschen registriert. Auch 2016 reisen weiterhin Flüchtlinge in die Bundesrepublik ein. Ungefähr 50 Prozent von ihnen werden ein Bleiberecht erhalten. Die Integration dieser Menschen in Gesellschaft und Arbeitsmarkt ist entscheidend für das Gelingen der deutschen Flüchtlingspolitik und den sozialen Zusammenhalt.

Die Studie von Jutta Aumüller (Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration – DESI) untersucht die bestehenden Praxisansätze zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen und gibt Anregungen zur Weiterentwicklung. Die existierenden Maßnahmen haben zum Ziel, Flüchtlinge so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Entscheidend ist dabei, dass einerseits die Arbeitsmarktakteure befähigt werden, mit den Bedürfnissen der Schutzsuchenden angemessen umzugehen und dass andererseits effiziente Vernetzungsstrukturen aufgebaut werden, um die Flüchtlinge in den Regelbetrieb der Arbeitsmarktförderung einzubinden.

Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen muss zu einem integrierten Gesamtprozess ausgestaltet werden

Die Studienautorin zeigt auf, wie die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen idealtypisch zu einem integrierten Gesamtprozess ausgestaltet werden kann. Dieser Gesamtprozess umfasst den frühzeitigen Spracherwerb, die Qualifikations- und Kompetenzfeststellung, die Berufsorientierung, den Übergang in Ausbildung und Beruf und die Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit.

Handlungsbedarf besteht insbesondere bei der Anerkennung von Kompetenzen. Bisher fehlen Verfahren mit bundesweit gültiger Aussagekraft. Wir brauchen deshalb ein Anerkennungsverfahren, das im Herkunftsland informell oder non-formal erworbene berufliche Kompetenzen verbindlich feststellt und zertifiziert. Die Autorin fordert begleitend dazu die verstärkte Entwicklung von Teilqualifizierungen, die Teilnehmer schrittweise an eine Berufsqualifikation heranführen.

Handlungsbedarf besteht auch mit Blick darauf, dass Flüchtlinge zwei Rechtskreisen zugeordnet sind. Für Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge gelten die Bestimmungen des SGB III in der Zuständigkeit der Arbeitsagenturen. Für anerkannte Flüchtlinge wiederum gilt das SGB II im Zuständigkeitsbereich der kommunalen Jobcenter. Wenn Asylsuchende einen Schutzstatus erhalten, kommt es somit zu einem Wechsel der Rechtskreise. Begonnene Fördermaßnahmen müssen im ungünstigsten Fall abgebrochen werden und auch der Datentransfer zwischen Arbeitsagenturen und Jobcentern gestaltet sich schwierig. Es braucht daher eine zentrale Anlaufstelle, die den Rechtskreiswechsel möglichst weich gestaltet.

Schaffung eines sozialen Arbeitsmarktes für Flüchtlinge ist notwendig

Die Studie positioniert sich auch zu den Beschäftigungsbedingungen von Flüchtlingen: Weitere Ausnahmen vom Mindestlohn hält sie für nicht zielführend. Stattdessen sollte ein sozialer Arbeitsmarkt für Flüchtlinge geschaffen werden, um das Abrutschen in Schwarzarbeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse oder die Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern. Niedrigschwellige Arbeitsangebote sollten mit berufsbezogenem Sprachtraining kombiniert werden, damit mittelfristig eine Heranführung an den regulären Arbeitsmarkt erreicht wird.

Bisher sind die meisten Fördermaßnahmen auf Asylbewerber mit einer hohen Schutzquote beschränkt (Eritrea, Irak, Iran und Syrien). Es werden aber auch Flüchtlinge aus anderen Ländern länger in Deutschland bleiben. Die Studienautorin fordert deshalb, die Teilnahmeberechtigung für Integrationskurse und beschäftigungsfördernde Maßnahmen auch auf Asylsuchende auszuweiten, die bereits vor neun Monaten einen Asylantrag gestellt haben. So kann vermieden werden, dass eine große Gruppe Langzeit-Geduldeter entsteht, die zu einem späteren Zeitpunkt nur unter erheblichem Mehraufwand in den Arbeitsmarkt integriert werden kann.

Nicht zuletzt besteht Handlungsbedarf bei der Reichweite der bisherigen Maßnahmen. Diese ist bisher oft  gering und erreicht bestenfalls mehrere Tausend Flüchtlinge. Um die Reichweite zu erhöhen ist ein verbindlicher Mitteleinsatz mit klaren Ausgabengrößen notwendig.

Die komplette Studie finden Sie hier.

Ansprechpartner: Dr. Matthias Mayer, Project Manager
Telefon: +49(5241)81-81564 E-Mail: Nachricht schreiben

Quelle: Bertelsmann Stiftung, 13. April 2016