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Digitaler Wandel: Chance für ein lebensphasenorientiertes Personalmanagement

Auswertungen auf Basis des IW-Personalpanels zeigen, dass eine lebensphasenorientierte Personalpolitik unter digitalisierten Unternehmen verbreiteter ist als unter weniger digitalisierten Betrieben. Transformationsprozesse sollten mit der Systematisierung und einer stärkeren strategischen Ausrichtung des Personalmanagements einhergehen. Auf diese Weise können die heterogenen Bedürfnisse der Mitarbeiter in unterschiedlichen Lebensphasen mit den betrieblichen Anforderungen effektiver und effizienter ausbalanciert und die Veränderungsbereitschaft gefördert werden.

Ein ganzheitliches Personalmanagement verbessert die Voraussetzungen für den unternehmerischen Erfolg. Gerade in Zeiten von Fachkräfteengpässen ist es wichtig, nicht nur die geeigneten Mitarbeiter für das eigene Unternehmen zu gewinnen, sondern diese auch dauerhaft an den Betrieb zu binden und zu motivieren, ihre Kompetenzen und ihr Engagement im Sinne der Organisationsziele einzusetzen. In betrieblichen Veränderungsprozessen können jedoch die Identifikation mit dem Arbeitgeber sowie die Zielorientierung der Beschäftigten leiden. Die Digitalisierung ist derzeit ein wichtiger Treiber des Wandels in vielen Unternehmen. Er wird zwar durch technologischen Fortschritt oder Anpassungsdruck auf Geschäftsmodelle ausgelöst, kann letztlich aber nur erfolgreich bewältigt werden, wenn die Mitarbeiter die erforderliche Veränderungsbereitschaft aufweisen.

Insgesamt lassen sich 2017 nahezu vier von zehn Unternehmen als Unternehmen 4.0 (37,1 Prozent) klassifizieren, bei denen der digitale Wandel sich als zentrales Thema etabliert hat (s. methodische Hinweise). Rund 29 Prozent haben sich auf den Weg gemacht und 34 Prozent stehen noch am Anfang eines potenziellen Veränderungsprozesses (Unternehmen 3.0). Vor drei Jahren waren die Unternehmen 3.0 noch verbreiteter als die relativ stark digitalisierten Unternehmen (IW Köln/IW Consult, 2015, 120).

Wo die Geschäftsführung bereits Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen der Beschäftigten in der Vergangenheit systematisch in den Blick genommen hat, fällt es leichter, die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit der Beschäftigten zu mobilisieren. Eine lebensphasenorientierte Personalpolitik ist ein solcher Ansatz, bei dem die operative Personalarbeit effektiv in die Umsetzung der Unternehmensstrategie eingebettet ist und den geeigneten Umgang von divergierenden Bedarfen der Beschäftigten in verschiedenen Lebenssituationen als unternehmerischen Erfolgsfaktor anerkennt (s. Methodische Hinweise und ausführlich Hammermann/Stettes, 2014). Unternehmen, die einem solchen lebensphasenorientierten Ansatz folgen, sind sich bewusst, dass sich die Interessenlagen der Beschäftigten nach ihrem persönlichen Hintergrund unterscheiden und im Zeit-​ablauf verändern können. Dabei ist die Mitarbeiterorientierung noch kein sinnvolles Ziel für sich allein, sondern muss stets im Kontext der betrieblichen Anforderungen und Handlungsnotwendigkeiten gesehen und mit diesen austariert werden.

Hierzulande kann knapp acht Prozent der Unternehmen das Attribut lebensphasenorientiertes Personalmanagement verliehen werden (s. Abbildung). Sein Verbreitungsgrad im Jahr 2017 unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht zu dem im Jahr 2013 (Hammermann/Stettes, 2014, 26). Ein direkter zeitlicher Vergleich des Verbreitungsgrads der lebensphasenorientierten Personalpolitik ist allerdings aufgrund der leichten Modifizierung der Fragen zur Erfassung operativer personalpolitischer Maßnahmen nur unter Vorbehalt zulässig.

Die stark digitalisierten Unternehmen 4.0 verfolgen mit 8,9 Prozent häufiger einen lebensphasenorientierten personalpolitischen Ansatz als die Unternehmen 3.0. Kontrolliert man für die unterschiedliche Zusammensetzung der Belegschaften und weitere Unternehmensmerkmale in Analogie zu Hammermann und Stettes (2014, 28), wird der Unterschied deutlich. Der marginale Effekt beläuft sich auf 7,8 Prozentpunkte und ist auf dem 1-Prozent-Fehlerniveau hoch signifikant.

Die Digitalisierung kann eine stärkere Mitarbeiterorientierung des Personalmanagements begünstigen. Dafür spricht auch der vergleichbare Befund, dass der Digitalisierungsgrad eines Unternehmens und ein familienbewusster Ansatz in der Personalpolitik ebenfalls positiv korrelieren (Hammermann/Stettes, 2016). Die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des digitalen Wandels auf den eigenen Betrieb erfordert die Einnahme einer strategischen Perspektive und eine analytische, systematische Herangehensweise. Wo dies passiert, ist auch die Wahrscheinlichkeit größer, eine ganzheitliche Personalpolitik zu haben, wodurch betriebliche und individuelle Interessenlagen effektiv und effizient ausbalanciert und flexible Anpassungen im Lebens- und Erwerbsverlauf der Beschäftigten begünstigt werden.

IW-Kurzbericht

Andrea Hammermann / Oliver Stettes: Digitaler Wandel – Chance für ein lebensphasenorientiertes Personalmanagement


Quelle: IW Köln, 9. Januar 2018